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Als Fergus einen Schlaganfall hat, vergisst er fast alles aus seinem Leben. Da findet seine Tochter Sabrina seine Glasmurmelsammlung, von der er nie etwas erzählt hat. In der Sammlung fehlen wertvolle Stücke, und Sabrina macht sich auf die Suche nach ihnen. Es stellt sich heraus, dass Fergus noch viel mehr Geheimnisse hatte, und alle scheinen sie mit den schillernden Kugeln verbunden zu sein. Doch wenn ihr Vater nicht der Mann ist, für den sie ihn gehalten hat – was bedeutet das für Sabrinas eigenes Leben?

 

Der Glasmurmelsammler 

Originaltitel: The Marble Collector
Autor: Cecelia Ahern
Übersetzer: Christine Strüh
Verlag: Fischer Krüger
Erschienen: 11/2015
ISBN: 978-3-8105-0152-3
Seitenzahl: 343 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Sabrinas Leben läuft routiniert ab. Ihre drei Söhne erfordern all ihre Aufmerksamkeit, ihre Arbeit ist eintönig und ihre Ehe unspektakulär. Kurz gesagt: Ihr Leben ist langweilig. Doch dann erhält sie einen Anruf aus dem Pflegeheim ihres Vaters, und mit der Eintönigkeit ist es vorbei. Eine Sammlung Glasmurmeln erregt ihre Aufmerksamkeit und offenbart ihr eine vollkommen andere Seite ihres Vaters. Da ein Teil fehlt, beschließt sie, diese wieder zu finden, und entdeckt, dass ihr Vater noch ein anderes Leben geführt hat, als nur ihr Vater und Ehemann ihrer Mutter zu sein. Und so führt sie die Suche nach den fehlenden Murmeln nicht nur auf eine Entdeckungsreise zu ihm, sie bekommt auch nach und nach eine ganz andere Perspektive, was ihr eigenes Leben angeht.

Sehr ruhig, etwas matt und stellenweise fast schon etwas langweilig hat Cecelia Ahern diesen Roman zu Papier gebracht.


Stil und Sprache
Der Glasmurmelsammler ist ein im Grunde sehr ruhiger Roman. Die Geschichte handelt hauptsächlich von Sabrina Boggs und ihrem Vater Fergus, der seit einem Schlaganfall in einem Pflegeheim zur Rehabilitation ist und mit großen Gedächtnislücken kämpft. Ihr eigenes Leben ist farblos, wird vollkommen von ihren drei Söhnen und ihrem Ehemann in Anspruch genommen und ist alles andere als erfüllend für sie. Erst die Entdeckung von der Glasmurmelsammlung ihres Vaters und die Tatsache, dass einige Stücke daraus fehlen, ändert Sabrinas Leben.

Offen gesagt fand ich den Plot wunderbar, nur was dann zum Teil daraus wurde, ist nicht ganz so wunderbar. Die Leidenschaft für Glasmurmeln ist doch mal was anderes, um den verborgenen Teil einer Familiengeschichte darzustellen. Da stecken eine Menge toller Ansätze drin, die die Autorin aber nicht alle gut umgesetzt hat. Der Beginn ist äußerst langweilig und zieht sich eine gefühlte Endlosigkeit dahin. Und die Schilderung des Lebens in Irland, mit der religiösen Engstirnigkeit, die da durch die Zeilen schimmert, macht es auch nicht besser. Der Roman hat zwei Handlungsstränge, wovon der eine in der Gegenwart spielt und aus der Ich-Perspektive von Sabrina erzählt wird. Der andere zeigt die Vergangenheit von Fergus und wird aus dessen Sicht dem Leser nahe gebracht. Im Verlauf der Geschichte kommen die beiden Stränge dann zusammen und dem Leser wird nach und nach einiges klar. Bis dahin tappt er buchstäblich im Dunkeln.

Cecelia Ahern schreibt sehr sanftmütig, äußerst ruhig, um nicht zu sagen gedämpft und bringt Dinge in die Handlung, die mich als Leser oftmals gar nicht wirklich interessiert haben. Die Geschichte rein um die Glasmurmeln war wunderschön, keine Frage, aber der Rest darum herum fand ich oftmals weniger gelungen. Sicher, die Autorin zeigt das Thema Schlaganfall und all seine möglichen Konsequenzen auf feinfühlige Art, schildert, wie das eine Familie beeinträchtigen und verändern kann. Aber das gewisse Etwas fehlt. Die Story plätschert vor sich hin, auch wenn das Lesetempo ein zügiges ist. Trotz dieser Zügigkeit fehlt es aber ein bisschen an Schwung. Und wer jetzt argumentieren möchte, dass sich Schwung, Feingefühl und Sensibilität gegenseitig ausschließen, dem sei gesagt: Nein, müssen sie nicht. Cecelia Ahern hat schon in einigen ihrer früheren Romane das Gegenteil bewiesen. Warum sie es hier nicht getan hat, ist mir schleierhaft. Man ist praktisch schon fast durch mit dem Titel, als von einer Seite auf die andere plötzlich der bis dahin fehlende Elan hineinkommt und die Handlung endlich wirklich faszinierend wird. Doch dann ist es zu spät. Schade irgendwie.


Figuren
Seltsam blass, stellenweise merkwürdig und mit einer komischen Art hat Cecelia Ahern ihre Figuren in diesem Buch dargestellt. Da wird in Selbstmitleid gebadet, wie es besser nicht mehr geht, Unzufriedenheit hinter einer Maske der Gleichgültigkeit versteckt und überhaupt liegt so manches im Argen. Und trotzdem bringt die Autorin mit ihren Charakteren etwas zustande, so seltsam sich das jetzt auch anhören mag, was der Handlung definitiv fehlt: Tiefgründigkeit. Da kommt eine Lebenslüge zutage, die so erstaunlich wie tragisch ist, und fast schon sentimental erscheint, wären ihre Auswirkungen nicht so traurig. Aber auch nur fast. Denn zum Glück schafft es Cecelia Ahern, nicht in Banalitäten oder gar Kitsch abzugleiten. Warum Fergus so gehandelt hat, wie er es sein ganzes Leben lang tat, was mit den fehlenden Murmeln wirklich geschehen ist und was ein einziger Satz bzw. Reaktion eines Menschen für verheerenden Schaden anrichten kann, versteht die Autorin durch ihre Figuren zu zeigen. Und das ist es, was den Leser am Ende bei der Stange hält, den Roman durchlesen lässt und die Geschichte vor dem Untergang bewahrt.

Fergus Boggs sticht heraus. Er ist absolut sympathisch, nimmt den Leser mit auf eine Reise in sein Leben und zeigt sich diesem ganz persönlich und auf seine ganz eigene Art. Er wächst mit vielen Brüdern auf, lernt schon früh, wie grausam die Kirche sein kann, wie die Moral je nach Laune gedreht und gewendet wird, dass Glasmurmeln ihn vor der Verzweiflung bewahren und das er mit ihnen und seinem Geschick andere um ihr Geld oder deren Murmeln bringen kann. Sein ältester Bruder Hamish bedeutet die Welt für ihn, und genau diese Verehrung zieht sich durch sein ganzes Leben wie ein roter Faden. Hamish ist sein Schicksal, und er macht mit Fergus genau das, was Hamish sein ganzes Leben lang mit allen Menschen gemacht hat: Ein Stückchen von diesem mitnehmen.

Sabrina Boggs ist eine Frau, die irgendwie feststeckt. Sie ist an einem toten Punkt in ihrem Leben angekommen, aber zu ignorant das zu bemerken, geschweige denn zuzugeben. Sie überlässt die Arbeit an Ehe und Familie lieber ihrem Mann und existiert vor sich hin. Wirklich leben sieht anders aus. Sie ist einer der schwächsten, blassesten und zugleich aber auch stärksten Charaktere, die dieses Buch vorweisen kann. Ihre Wandlung im Verlauf der Geschichte ist erstaunlich, wenn auch nicht weltbewegend.


Aufmachung des Buches
Das rot gebundene Buch hat einen weißen Schutzumschlag, auf dem viele bunte runde Kleckse zu sehen sind, die wie Stempelabdrücke aussehen und vermutlich die Glasmurmeln darstellen sollen. Der Buchtitel selbst ist in glänzenden beigefarbenen Großbuchstaben zu lesen, während der Autorinnenname in großen, schwarzen Buchstaben direkt darüber abgebildet ist. Streicht man mit den Fingerspitzen leicht über den Schutzumschlag, fühlt man die leichte Erhabenheit der Großbuchstaben. In der Mitte der unteren Coverhälfte steht ein kleiner Junge im blauen Anzug, der dem Betrachter den Rücken zu gewandt hat und seine Hände auf dem Rücken verschränkt hält. Auf der Rückseite steht in wenigen Worten, was den Leser im Romaninhalt erwartet. Diese optische Aufmachung ist völlig anders als die all der anderen Titel von Cecelia Ahern und wirkt auf mich sowohl blass, als auch kindlich.


Fazit
Mit diesem Roman bin ich irgendwie nicht so richtig warm geworden, auch wenn er mit seinen Charakteren punktet und diese viel vom Handlungsdefizit wieder wettmachen. Der Glasmurmelsammler kann nicht an die Schönheit ihres Debütromans heranreichen. Hier wurde in meinen Augen eine nette Idee nicht voll genutzt. Schade, aber für mehr als Durchschnitt reicht es leider nicht.


3 Sterne


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